1. Veröffentlicht am 2. April 2013
    topelement

    Regierungspräsident Andreas Rickenbacher (SP) gibt sich radikal zugeknöpft. Er will nicht einmal ansatzweise verraten, wie er und die anderen Regierungsmitglieder auf die Geschichte rund um den Spitalinvestitionsfonds reagierten, die letzte Woche bekannt geworden war. Zur Erinnerung: Eine Grossratskommission machte publik, dass die Gesundheitsdirektion von Regierungsrat Philippe Perrenoud (SP) zurzeit nicht mit Sicherheit weiss, wie viel Geld noch im Fonds ist. So sei ungewiss, ob die 54 Millionen Franken, die der Kanton seinen Spitälern in Aussicht gestellt habe, noch verfügbar seien.

    Kollegen mündlich orientiert

    Perrenouds Direktion behauptete zwar, der Fonds sei «gesund» und sie sei «immer in der Lage, den Stand des Fonds zu ermitteln». Allerdings gab sie in derselben Medienmitteilung zu, es seien «nicht erwartete Risiken festgestellt worden», die sie nun analysiere, um eine neue Hochrechnung erstellen zu können.

    Delikat: Perrenoud informierte nicht einmal seine Regierungskollegen frühzeitig über die Ungewissheit. Erst nachdem die Grossratskommission bei ihm vorstellig geworden war, hat er die Kollegen am 19.März mündlich orientiert. Das war höchste Eisenbahn: Tags darauf machte die Kommission die Probleme in einer Medienmitteilung publik.

    Nimmt das die Regierung hin?

    Das wirft Fragen auf. Wie beurteilt die Regierung das Verhalten des Gesundheitsdirektors? Nimmt sie es einfach hin, dass sie über solche Fragen so spät informiert wird? Hat sie Perrenoud angehalten, Probleme künftig von sich aus anzusprechen?

    Antworten darauf gibt es nicht. Regierungspräsident Rickenbacher verweist auf Nachfrage auf das Kollegialitätsprinzip, das ein wichtiger Erfolgsfaktor der Schweiz sei und das er hochhalte. Deshalb breite er in der Öffentlichkeit keine Interna der Regierung aus. Das tönt dann zum Beispiel so:

    Frage: Wie beurteilt der Regierungsrat das Verhalten des Gesundheitsdirektors in dieser Angelegenheit? Hätte er erwartet, dass Herr Perrenoud früher informiert?

    Antwort: «Der Regierungspräsident spekuliert in der Öffentlichkeit nicht darüber, wie das Kollegium das Verhalten eines seiner Mitglieder beurteilt.»

    Kurz: Andreas Rickenbacher erachtet den Fall als interne Angelegenheit der Regierung und will gegen aussen nichts dazu sagen. «Diese Diskussionen führt eine seriöse Regierung im Regierungszimmer.»

    Nicht alle Berner Regierungspräsidenten halten sich so nobel zurück. 2009 hat der damalige Regierungschef Hans-Jürg Käser (FDP) den Kollegen Christoph Neuhaus (SVP) öffentlich kritisiert. Es ging um eine vergleichsweise harmlose Geschichte: Neuhaus hatte sich medial darüber mokiert, dass er gezwungen werde, eine Treueprämie anzunehmen, die er gar nicht wolle. Das erwies sich später als falsch. Käser widersprach Neuhaus öffentlich und stufte dessen Aussagen als «Chabis» ein. Im Vergleich wird Philippe Perrenoud pfleglich behandelt.

    Kommission wurde aktiv

    Nach Angaben der Gesundheitsdirektion ist eine Arbeitsgruppe daran, sich Gewissheit über den Fonds zu verschaffen. Allenfalls könnte die Regierung schon diese Woche mehr dazu bekannt geben. Perrenoud wollte nach eigenen Angaben abwarten, bis die Arbeitsgruppe gesicherte Erkenntnisse hat, und die Regierung sowie den Grossen Rat erst dann informieren.

    Das liess aber die Grossratskommission nicht zu: Sie wurde aktiv, weil das Spitalversorgungsgesetz hängig ist, in dem es auch um diesen Fonds geht. Es lässt tief blicken, dass die Präsidentin der Kommission, Grossrätin Barbara Mühlheim (GLP, Bern), gezielt inoffizielle Hinweise direkt aus der Verwaltung erhielt – mutmasslich von Kreisen, die Perrenouds Krisenmanagement nicht trauen. Die Quellen berichteten von Problemen mit dem Fonds, dem eine Unterdeckung in zweistelliger Millionenhöhe drohe. Laut Mühlheim kamen die Hinweise einerseits aus Perrenouds Gesundheitsdirektion selbst, wo das Spitalamt federführend für den Fonds verantwortlich zeichnet, andererseits aus der Baudirektion von Barbara Egger (SP), die via Amt für Grundstücke und Gebäude involviert ist.

    Kontrolle schafft Klarheit

    Nachdem Mühlheim die Hinweise Anfang Februar erhalten hatte, sprach sie die Gesundheitsdirektion nach eigenen Angaben mehrmals auf das Thema an, ohne eine Antwort zu erhalten. Erst als die Kommission am 18.März offiziell intervenierte, reagierte Perrenoud. Tags darauf informierte er die Regierungskollegen, die damit vom drohenden Unheil später erfuhren als die Kommissionsmitglieder.

    Welche Kreise die Affäre noch ziehen wird, hängt wohl davon ab, wie es um den Fonds wirklich steht. Klarheit schaffen dürfte die kantonale Finanzkontrolle, die den Fonds im Auftrag des Grossen Rats einer Sonderprüfung unterziehen soll.

     

    Artikel der Berner Zeitung: Regierung schweigt zur Perrenoud