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Veröffentlicht am 26. November 2009
Das Insel-, das neue Tiefenauspital und die Spitäler Aarberg und Münsingen unter einem Dach? Das ist das Ziel des Regierungsrats. Ob aber ein solcher Schulterschluss dem Prämienzahler günstiger kommt, ist umstritten.
Von einer Zusammenarbeit war schon lange die Rede. Neu spricht nun die Berner Regierung sogar von einem Zusammenschluss des Inselspitals mit der Spital Netz Bern AG (SNB), welche unter anderen die Stadtberner Spitäler Ziegler und Tiefenau betreibt. «Wir haben am Standort Bern drei medizinische Player, die Uni, das Inselspital und die Spital Netz AG. Wenn wir den Medizinalstandort Bern stärken wollen, müssen sich die Spitäler zusammenschliessen oder zumindest enger zusammenarbeiten», sagte SP-Regierungsrat Philippe Perrenoud.
In den kommenden Wochen sollen die Verantwortlichen in der Gesundheits- und Fürsorgedirektion (GEF) und der beiden Spitalgruppen die Details des Projekts und die nächsten Schritte definieren – unterstützt von externen Experten. «Ein besonderes Augenmerk soll die Projektleitung auf das Abschätzen der Risiken legen, die mit einem Zusammenschluss verbunden sind», bemerkt Perrenoud. Mehr kann er dazu noch nicht sagen, ausser dass er im Herbst 2010 erste Ergebnisse der Abklärungen erwarte.
Mühlheim freute sich
Die Mitteilung der Regierung erschien gerade rechtzeitig. Denn gestern Nachmittag waren im Grossen Rat mehrere Vorstösse zur Spitalpolitik terminiert. Unter anderem eine Motion von Barbara Mühlheim (Grüne, Bern), in der sie vom Regierungsrat verlangt, «ein verbindliches Versorgungskonzept für das Inselspital und die Spitäler der Spital Netz Bern AG zu veranlassen». Nach der Mitteilung des Regierungsrats wurde die Motion hinfällig, was Barbara Mühlheim «überrascht und sehr gefreut hat». Die Motion wurde als Postulat überwiesen.
Was ist mit den Kosten?
Im Zentrum der Abklärungen steht wohl die Frage, ob ein fusioniertes Spital Kosteneinsparungen bringen wird. Regierungsrat Perrenoud will sich nicht festlegen und verweist auf die Abklärungen. Andere sind von einem riesigen Sparpotenzial überzeugt. So etwa EVP-Grossrat Wilf Gasser. Er sprach gestern im Grossen Rat von einem Sparpotenzial von einem zwei- bis dreistelligen Millionenbetrag. Viel Geld sparen liesse sich vor allem, wenn das geplante Tiefenauspital auf dem Inselareal gebaut würde, wie er es in einer dringlichen Motion verlangt (Ausgabe vom 16.November 2009). Ferner glaubt er, dass nach einer Fusion mittelfristig kleinere Spitäler, etwa in Aarberg oder Münsingen, geschlossen werden könnten.
Auch Barbara Mühlheim geht davon aus, «dass mit einer neuen Struktur ohne ruinöse Konkurrenz und ohne Doppelspurigkeiten viel Geld gespart würde».
Kolosse sind teurer
Roger Kübler, ehemaliger Direktor der Spital Netz Bern AG, ist ganz anderer Meinung. Er ist überzeugt, dass ein fusioniertes Spitalkonglomerat dem Prämienzahler viel teurer zu stehen käme. Er sagt dies ausdrücklich als Privatperson und nicht als Vertreter irgendeiner Organisation. «Die kleineren Spitäler arbeiten kostengünstiger als das Inselspital», weiss Kübler. Das Inselspital sei nicht nur wegen der Forschung teurer, sondern wegen seinem riesigen administrativen Apparat. Nach einer Fusion würden die Spitäler der Spital Netz Bern mit den höheren Tarifen der Insel abrechnen. «Ein Zusammenschluss bringt betriebswirtschaftlich und ökonomisch nichts», sagt Kübler. Die Fusion als strategische Zielsetzung sei viel eher ein machtpolitisches Ziel im Dienste des Inselspitals.
Auch BDP-Grossrat Daniel Pauli glaubt nicht so recht an Kostenvorteile bei einem Schulterschluss. «Jede Vergrösserung eines Spitals ab einer gewissen Grösse führt zu überproportionalen Verwaltungskosten», sagt er. Womit er aber nicht gesagt haben will, dass er gegen die geplanten Abklärungen sei. Im Gegenteil: «Ich finde es gut, dass der Regierungsrat nun à fonds Abklärungen trifft.»
Ein Knackpunkt dürfte die juristische Seite darstellen. Das Inselspital ist eine Stiftung; Spital Netz Bern ist eine AG. Also müsste man über diesen beiden juristischen Personen ein Holdingdach konstruieren. Wieweit mit einem solch komplizierten Konstrukt die verfolgten Ziele erreicht werden können, wird die Projektgruppe abklären müssen.
Artikel bei Claud Chatelain: Ein neuer Spitalkoloss ist in Sicht