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Veröffentlicht am 13. Juni 2013
Auch wurde gleich verhindert, dass ein konstruktives Referendum ergriffen werden kann. Dafür griff das Parlament zu einem umstrittenen Mittel. Irène Marti Anliker (SP/Bern) sprach von einem «Buebetrick», und auch andere Links-, Grünen- und Mitte-Politiker kritisierten das in ihren Augen «undemokratischen Vorgehen». Offenbar hätten manche Leute Angst vor dem Volk und trauten ihrem eigenen Gesetz nicht.
Eine knappe bürgerliche Mehrheit liess sich nicht beirren und beschloss mit 74 zu 70 Stimmen bei 7 Enthaltungen einen Eventualantrag, dessen Inhalt eigentlich keine Rolle spielt. Das lässt sich schon daran ablesen, dass der Eventualantrag von Grossräten unterstützt wurde, die zuvor inhaltlich genau das Gegenteil gefordert hatten.
Vorsorgliche Massnahme
Doch der Eventualantrag dient einzig der Vorsorge für den Fall, dass gegen das Gesetz das Referendum ergriffen wird. In diesem Fall kommen Gesetz und Eventualantrag vors Volk, ein konstruktives Referendum in Form eines Volksvorschlags ist hingegen nicht möglich.
So wird verhindert, dass beispielsweise eine ländliche Region via Volksvorschlag die Rettung ihres Landspitals anstreben kann. Der Grosse Rat behält also die Kontrolle darüber, was überhaupt zur Abstimmung kommt.
Dieter Widmer (BDP/Wanzwil) wies den Vorwurf vehement zurück, die Bürgerlichen wollten die Volksrechte aushebeln. Vielmehr mache das Parlament von einem Mechanismus Gebrauch, den der Gesetzgeber mit der Einführung des Volksvorschlags bewusst eingeführt habe.
Kein Rechtsanspruch auf Subventionen
Die Landspitäler und ihre unsichere Zukunft hatten zuvor auch die zweite Gesetzeslesung geprägt. Ueli Augstburger (SVP/Gerzensee), Andreas Burren (SVP/Lanzenhäusern) und Christian Brönnimann (BDP/Zimmerwald) wollten einen Rechtsanspruch auf zusätzliche Kantonsgelder für defizitäre Angebote von Landspitälern festschreiben.
Dabei geht es um Abgeltungen für Leistungen, die der Kanton zwar als versorgungsnotwendig bezeichnet hat, die aber die Spitäler trotz effizientem Betrieb nicht kostendeckend erbringen können.
Wer von der Regelung überhaupt profitieren könnte, blieb offen – am ehesten wohl Frutigen und Zweisimmen, vielleicht auch die Geburtenabteilungen anderer ländlicher Spitäler. Mit 102 zu 37 Stimmen bei 5 Enthaltungen lehnte der Rat allerdings eine verbindliche Formulierung ab. Gemäss dem nun beschlossenen Passus kann der Kanton durchaus solche Subventionen sprechen – er muss aber nicht.
Unerwünschte Nebenwirkungen
Das Parlament folgte mit seinem Entscheid der Kommissionssprecherin Barbara Mühlheim (glp/Bern). Diese hatte eindringlich davor gewarnt, falsche Begehrlichkeiten zu wecken und strukturerhaltende Massnahmen ins Gesetz aufzunehmen.
Mehrere Votanten befanden überdies, ein Rechtsanspruch widerspreche dem Geist des neuen Gesetzes. Weiter sei fraglich, woher der klamme Kanton Bern überhaupt das Geld nehmen wolle, um defizitäre Angebote am Leben zu erhalten.
Mit dem revidierten Spitalversorgungsgesetz reagiert der Kanton Bern auf die neue Spitalfinanzierung, die der Bund Anfang 2012 in Kraft gesetzt hatte. (cls/sda)
Artikel der Berner Zeitung: Spitalversorgungsgesetz unter Dach – samt «Buebetrick»